Als Geschäftsführer der Gebrüder Alexander GmbH leitet Philipp Alexander seit 1999 die Geschicke des Unternehmens, das seit sieben Generationen inzwischen weltberühmte Blechblasinstrumente herstellt. In diesem Interview gibt Philipp Alexander spannende Einblicke in den Generationenwechsel innerhalb der Firma, die Herausforderungen des Mittelstands in Zeiten steigender Energiepreise und der wachsenden Bürokratie sowie die Bedeutung von Nachhaltigkeit und moderner Technologie für die Zukunft.
Wie sind Sie zum Geschäftsführer geworden?
Ich bin von klein auf ins Unternehmen hineingewachsen, habe schon in den Ferien hier gearbeitet und bin so mit dem Betrieb vertraut geworden. Nach dem Abitur habe ich eine Ausbildung zum Metallblasinstrumentenmacher gemacht und parallel dazu ein BWL-Studium absolviert. Der Generationenwechsel verlief bei uns auf eine sehr natürliche Weise. Mein Vater hat mich nie gedrängt, die Firma zu übernehmen, es war immer offen, wer die Nachfolge antreten würde. Aber als es dann so weit war, habe ich die Aufgabe mit 29 Jahren übernommen.
Welche Innovationen haben Sie in der Produktion eingeführt, um Ihre Instrumente weiterhin auf höchstem Niveau anzubieten?
Die Verbindung von traditioneller Handwerkskunst und moderner Technologie ist für uns das Herzstück unserer Arbeit. Die Instrumente, die wir herstellen, werden zum Großteil immer noch in Handarbeit gefertigt – und das ist auch wichtig, denn jeder Handgriff verleiht dem Instrument seine Einzigartigkeit und Qualität. Gleichzeitig haben wir in den letzten Jahren stark in moderne Technologien investiert. Beispielsweise nutzen wir CAD-Zeichner, CNC-Maschinen und 3D-Druck, um bestimmte Teile in einer Präzision herzustellen, wie es von Hand schlicht nicht möglich wäre.
Eine der größten Innovationen hat bereits mein Vater initiiert, nachdem er sich auf einer Japanreise hatte inspirieren lassen: Es handelt sich dabei um das sogenannte Eisbiegen, bei dem wir Rohre mit gefrorenem Wasser statt mit Blei für den Biegungsprozess füllen. Diese Methode ist nicht nur präziser, sondern auch umweltfreundlicher.
Wie berücksichtigen Sie Nachhaltigkeit bei der Auswahl Ihrer Materialien?
Nachhaltigkeit ist für uns ein wachsendes Thema, besonders bei der Verpackung. Früher haben wir Plastikbeutel verwendet, die mit einem Karton getackert waren. Jetzt stellen wir auf recycelte Materialien um, auch wenn diese fast doppelt so teuer sind. Ob ich jetzt aber vier Cent oder acht Cent für so eine Verpackung zahle, ist am Ende nicht entscheidend. Es ist uns wichtig, dass die Verpackung recycelbar ist und das auch entsprechend kommuniziert wird, da immer mehr Kunden darauf achten.
Wie stellen Sie die Stabilität und Qualität Ihrer Lieferketten sicher?
In unserer Branche ist die Auswahl von Lieferanten eingeschränkt. Hintergrund ist, dass wir hohe Qualitätsstandards haben, die nur wenige Hersteller weltweit erfüllen können. Daher beziehen wir unser Hauptmaterial, wie das Messing oder Goldmessing für die Rohre, ausschließlich aus Deutschland. Da auch hierzulande die Auswahl an Herstellern, die unsere Anforderungen erfüllen, klein ist, müssen wir häufig große Mengen abnehmen, was für ein Unternehmen unserer Größe finanziell ziemlich herausfordernd ist. Dass die Qualität fortlaufend hoch bleibt, stellt einer unserer Meister sicher: Er besucht regelmäßig persönlich das Werk unserer Zulieferer. Dort überwacht er die Produktion und prüft die Rohre nach jedem Bearbeitungsschritt, damit diese den hohen Anforderungen unserer Instrumente gerecht werden.
Welche Rolle spielen Energieeffizienz und Energiepreise in ihrem Unternehmen?
Die Energiepreise haben uns, besonders seit dem Ukraine-Krieg, hart getroffen. Wir verbrauchen für unsere Betriebsgröße viel Gas und Strom. Um darauf zu reagieren, haben wir eine genaue Analyse unseres Energieverbrauchs durchgeführt. Zum Beispiel haben wir alle Neonröhren durch LED-Leuchten ersetzt und überflüssige Leuchten entfernt, wenn es bereits genug Licht im Raum gab. Wir haben auch in neue, energieeffiziente Kühlschränke und Tiefkühltruhen investiert, die wir für das Eisbiegen brauchen. Unsere alten Geräte waren bereits 15 oder 16 Jahre alt, also haben wir beschlossen, neue mit dem höchsten Energieeffizienzlabel zu kaufen. Die Anschaffungskosten waren zwar höher, aber das hat sich inzwischen amortisiert.
Ein weiteres Beispiel ist unser gasbetriebener Biegeofen. Früher haben wir ihn oft zweimal aufgeheizt, um kleinere Chargen zu bearbeiten. Jetzt planen wir die Produktion so, dass er einmal für längere Zeit durchläuft, was deutlich energieeffizienter ist. Auch unsere Lüftungsanlage läuft nun nur noch während der Produktionszeiten und nicht durchgehend, was uns ebenfalls hilft. All diese Maßnahmen haben dazu beigetragen, unseren Energieverbrauch zu senken.
„Fehler gehören zum Lernprozess dazu. Nur so können Menschen wirklich lernen, Verantwortung zu übernehmen.“
Philipp Alexander
Geschäftsführer Gebr. Alexander GmbH
Wie stehen Sie zum Thema E-Mobilität?
Mir ist wichtig, dass Elektromobilität dort eingesetzt wird, wo es Sinn ergibt und das ist zurzeit immer noch die Kurzstrecke. Von fünf unserer Firmenwagen sind inzwischen drei elektrisch und werden vor allem für das tägliche Pendeln zum Arbeitsplatz verwendet. Darunter sind zwei Hybride und ein vollelektrisches Auto, das wir gerade angeschafft haben. Unser Transporter ist allerdings noch ein Verbrenner, da es hier noch keine richtige Alternative gibt. Wir wollen möglichst bald eine Photovoltaikanlage auf dem Betriebsgebäude installieren, mit der wir den eigenen Strom auch für unsere Elektrofahrzeuge nutzen und sie kostengünstig laden können.
Welche Herausforderungen sehen Sie für mittelständische Unternehmen in Deutschland?
Die steigenden Energiepreise, die Bürokratie und die immer höheren Lohnkosten machen es besonders für kleine Betriebe wie unseren schwer, Schritt zu halten. Seit langem wird über Bürokratieabbau gesprochen. Davon ist leider nichts zu erkennen. Früher habe ich die Lohnabrechnungen nebenbei gemacht, jetzt beschäftigen wir dafür jemanden in Vollzeit. Dazu wird es immer schwerer, geeignete Fachkräfte zu finden. Wir hatten bis zu 40 Bewerbern für unsere Azubistellen – in diesem Jahr sind es höchstens sechs. Das hat vielleicht auch etwas mit dem Generationenwechsel zu tun.
Wie erleben Sie den aktuellen Generationenwechsel in Ihrer Belegschaft?
Die jungen Leute, die heute zu uns kommen, haben andere Ansprüche und Erwartungen. Themen wie Work-Life-Balance und Flexibilität spielen eine viel größere Rolle, was ja an sich positiv ist. Gleichzeitig fehlt es oft an Belastbarkeit. Früher stand man acht Stunden an der Poliermaschine, heute klagen viele schon nach zwei Stunden über Rückenprobleme oder Müdigkeit. Die Leistungsfähigkeit hat sich verändert.
Besonders besorgniserregend finde ich die Zunahme psychischer Probleme. Wir hatten Azubis, die aus psychischen Gründen nicht mehr zur Berufsschule gehen konnten. Solche Themen wurden früher nicht kommuniziert. Zum Glück gibt es da jetzt Lösungen wie den Online-Unterricht.
Insgesamt muss man die jungen Leute heute anders 'abholen‘. Sie haben andere Bedürfnisse und Vorstellungen, die wir als Arbeitgeber berücksichtigen müssen. Aber gleichzeitig dürfen wir die Anforderungen nicht zu stark herunterschrauben, denn am Ende des Tages geht es um Qualität und Belastbarkeit, gerade in einem handwerklichen Beruf wie unserem.
Und wie entspannen Sie, gerade in Zeiten hoher Belastung?
Ich bin leidenschaftlicher Autofan und verbringe meine Freizeit gerne auf vier Rädern, nach einem Tag auf der Rennstrecke bin ich richtig erholt. Eine zweite Leidenschaft von mir ist das Restaurieren von Oldtimern. Wenn ich in meiner Werkstatt stehe und einen Scheibenwischermotor wieder instand setze, fühle ich mich ruhig und zufrieden. Es gibt nichts Besseres, als diese alten Teile wieder zum Laufen zu bringen, anstatt sie einfach wegzuwerfen und zu ersetzen. Das ist für mich Nachhaltigkeit im Kleinen.
Was möchten Sie Unternehmer:innen, die dieses Interview hier lesen, gern noch mitgeben?
Ich habe jahrelang Seite an Seite mit meinem Vater gearbeitet. Das war einerseits unglaublich wertvoll, weil ich viel von ihm lernen konnte, aber es führte auch zu Konflikten – einfach aufgrund der Unterschiede zwischen unseren Generationen. Irgendwann musste ich ihm klar sagen: 'Lass mich meine eigenen Erfahrungen machen und auch meine Fehler, sonst werde ich nie lernen.' Das hat er dann auch akzeptiert, und ich glaube, das war ein ganz entscheidender Moment.
Mein wichtigster Tipp ist also: Zwingen Sie niemanden, die Firma zu übernehmen, und geben Sie den Nachfolgern die Freiheit, ihre eigenen Erfahrungen zu machen. Fehler gehören zum Lernprozess dazu, und nur so können sie wirklich Verantwortung übernehmen und das Unternehmen weiterentwickeln.
Ich hoffe, dass ich mich selbst daranhalte, wenn wir unsere Firma in die achte Generation überführen werden. Das liegt mir sehr am Herzen.
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