Thorsten Käding führt die Café Reinhardt GmbH & Co. KG in Hamburg zusammen mit seiner Schwester Stephanie. Die 1883 gegründete Bäckerei Reinhardt hat eine lange Tradition und wird seit fünf Generationen von der Familie geführt. Obwohl sie Käding heißen, sind sie mit Leib und Seele Reinhardts, wie Thorsten Käding in unserem Interview immer wieder bekräftigt. Diese Leidenschaft, diese alte Bäckerseele, diesen gewachsenen Stolz einer Familiendynastie kann man überall bemerken.
Etwa an der Offenheit, mit der unser Redaktions- und Fototeam in die Produktionsräume geführt wird. Daran, wie begeistert Thorsten Käding die Entstehung der Produkte bis ins kleinste Detail erläutert (von Sauer- über Laugenteige bis hin zum neuesten Experiment des Bäckermeisters – den Dinkellaugenbrezeln) und wie das Personal herzlich mit uns und einander umgeht. Wie routiniert hier in drei Produktionsräumen gesunde, traditionelle und innovative Back- und Konditoreiwaren entwickelt, hergestellt, raffiniert werden für die zahlreichen Kunden in der Gastronomie Hamburgs.
Nach der Führung durch die Bäckerei, Konditorei, Küche, Café und Ladenfläche mit vielen Geschmacksproben und Einblicken in Firmengeheimnisse ist es dann an der Zeit, übers Geschäftliche zu sprechen:
Herr Käding, Personal ist ja gerade eines der heißen Themen, besonders in der Dienstleistungsbranche, in Tourismus, Hotellerie, Gastronomie und produzierendem Gewerbe. Der Fachkräftemangel zehrt an den Betrieben und durch die Pandemie hat sich die Situation nochmals verschärft. Wie gehen Sie damit um?
Personal ist natürlich die größte Herausforderung. Es gibt den Typen Mensch einfach nicht mehr, eine Person, die einfach da und tätig ist. Ich höre es auch von Kollegen, die teilweise auf allen Plattformen werben: Restaurants, Bäckereien, Cafés, wo sich niemand bewirbt. Ich glaube, es geht hier gar nicht ums Geld. Die Menschen sind einfach nicht mehr da, die sind abgewandert in der Coronazeit. Viele Arbeitnehmer waren in Kurzarbeit und dann waren sie es nicht mehr, konnten einfach nicht mehr überleben, haben sich umorientiert, ohne den Weg zu uns zurückzufinden.
Ganz so schlimm war es bei uns allerdings nicht. Wir haben Leute freiwillig in Kurzarbeit geschickt und einigen hat das sogar richtig gut gepasst, ein halbes Jahr ein bisschen weniger arbeiten, kürzertreten. Wir klagen also nicht, aber natürlich trifft uns das alles volle Breitseite. Wir brauchen eigentlich mindestens noch zehn bis zwanzig Festangestellte und Aushilfen, die wir sofort einarbeiten könnten.
Die Löhne in der Bäckerei fallen bekanntlich ja nicht so hoch aus, dazu kommt frühes Aufstehen, harte Handarbeit. Was bieten Sie denn Ihren Mitarbeitern, um den Job attraktiv zu machen?
So ein Bruttolohn in der Branche liegt zwischen 14 und 18 Euro in der Stunde, das ist einfach ein Fakt. Reich wird man damit nicht. Ich habe aber eine sehr gute Mannschaft, die teilweise seit 40 Jahren hier ist. Der Älteste hier wird jetzt bald in Pension gehen. Wir sind ein Betrieb, wo die Menschen einfach nicht so viel wechseln. Wer hier ist, der bleibt, und wer hier war, kommt auch immer gern wieder. Auf die Menschen kann ich mich verlassen und umgekehrt die sich auch auf uns.
Wir haben oft Aushilfen, die hier als Schüler anfangen und dann als junge Studentinnen auch in den Semesterferien wiederkommen. Auch Leute, die eigentlich inzwischen in einem anderen Job arbeiten, kommen zurück und helfen uns, weil hier eine familiäre Atmosphäre herrscht. Das ist auch einer der größten Unterschiede zu diesen großen Ketten. Hier sagen die: Okay, hier ist der Chef noch da, mit dem kann man reden. Bei uns wissen alle, wofür wir stehen. Und wir bieten Ihnen viele Freiheiten, was ja nicht mehr als selbstverständlich gilt: Sie können essen, trinken, sich frei bewegen, Pause machen, Rauchen gehen, sich ihren Arbeitstag selbst gestalten. Natürlich muss man in den Stoßzeiten vor Ort sein, aber im Prinzip haben die Menschen hier alle Freiheiten, die sie brauchen, um sich wohlzufühlen.
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit bei Ihnen?
Wir haben das Thema Nachhaltigkeit schon angegangen, bevor es modern wurde und als Schlagwort so in die Presse kam.
Produkte, die wir nicht verkaufen, spenden wir dreimal die Woche der Hamburger Tafel. Dann führen wir eine ganze Menge an Überschuss in den Produktionsprozess zurück. Das heißt, man nimmt alte Produkte, die werden als Paniermehl in die Teige zurückgeführt. Das erscheint erstmal paradox, ist aber eine Qualitätssteigerung. So erreichen wir mehr Frischhaltung, mehr Geschmack, einen besseren Biss. Der Rest, den wir dann noch übrighaben, geht zu zertifizierten Abholern von Tierfarmen für die Schweinemast. Die haben uns Tonnen aufgestellt, wo wir alles reinfüllen, was wir dann noch übrighaben, sodass wir also nichts als Restmüll verschwenden.
Ein weiterer Schritt für die Nachhaltigkeit: Unsere Öfen laufen zehn bis zwölf Stunden am Tag und die Abgastemperatur der Öfen liegt bei zirka 350 Grad Celsius. Das ganze Abgas ging immer in den Schornstein und verpuffte dann in die Umwelt. Und dann kam ich auf die Idee vor sechs Jahren, dass wir die Abwärme ja auch nutzen können. Wir haben also eine Umbaumaßnahme mit Wärmerückführung durchgeführt, mit neuen Wärmespeichern, Kesseln und was sie da alles eingebaut haben. Die Wohnungen im Haus, über dem Produktionsbetrieb und dem Café werden jetzt komplett mit Warmwasser über unsere Abwärme versorgt. Wir sparen Geld und wir tun der Umwelt etwas sehr Gutes damit. Einen Batzen Geld hat das schon gekostet, aber es wurde auch staatlich unterstützt – damals schon, nur, dass da eben noch niemand darüber gesprochen hat.
Effizienzsteigerung ist nicht unsere Philosophie.
Thorsten Käding
Was ist Ihre Vision für die nächsten Jahre?
Gerade in der Coronazeit hat sich das so ein bisschen verschoben. Ich habe tatsächlich noch eine Vision, will ein weiteres Café oder Restaurant integrieren und hatte auch schon ein unterschriftsreifes Angebot. Das mussten wir leider dann doch absagen, weil wir das einfach vom Personalschlüssel her nicht gedeckt kriegen. Man schafft es gerade nicht, eine neue Filiale mit verlässlichen Aushilfen und Servicekräften und festen Mitarbeitern so zu besetzen, dass wir in Ruhe arbeiten können. Es ist immer nur Stress. Und das ist nicht Sinn der Sache. So muss die Vision im Moment erstmal zurückgestellt werden. Es geht jetzt ums Aufrechterhalten. Bei uns geht es gar nicht um Gewinn oder Verlust. Es geht darum, zu bestehen in dieser schweren Zeit.
Ich träume eigentlich von einer Art Hofladen mit Bauernhof, aber das ist meine heimliche Vision, die darf ich noch nicht so laut aussprechen, weil meine Leute immer gleich rügen und sagen: Wann sollen wir das noch machen? Ich bin da ganz flexibel, das ist ein Ziel, was nicht erreicht werden muss, aber vielleicht klappt es ja – 20 Jahre habe ich ja noch.
Es wird gerade viel von Effizienzsteigerung gesprochen…
Effizienzsteigerung ist nicht unsere Philosophie. Als verantwortungsvoller Kaufmann sollte man sein Unternehmen immer so aufbauen, dass man auch gewinnorientiert arbeitet, aber wir knechten und knüppeln hier niemanden. Und wir haben auch gelernt, mal Nein zu sagen. Das ist sehr schwer, besonders in einem Familienbetrieb.
Aber irgendwann ist die Kante erreicht, da geht es dann nicht mehr weiter und ich finde, da hat Corona geholfen, dass wir auch einfach mal gesagt haben: Nee, jetzt ist Schluss. Wir wurden so stark frequentiert seit der Wiedereröffnung nach Corona, dass wir nicht mehr wussten, wo vorne und hinten ist, bis die Mitarbeiter kamen und sagten: Wir können nicht mehr. Produktion, Service, Reporting, Verkauf – es war einfach alles überall auf Anschlag. Da muss ich doch nicht versuchen, Effizienz zu steigern.
Was haben Sie noch geplant fürs Café Reinhardt?
Als Nächstes setzen wir hier eine Elektromobilitätsstation vor die Tür, die ist gerade in Planung. Für Kunden und auch für zukünftige Lieferfahrzeuge. Wir haben jetzt Lieferfahrzeuge, die noch eine Weile halten. Wenn es aber möglich ist, dass Lieferfahrzeuge mit Elektromotor ausgestattet werden, dann ergibt das für uns Sinn, da wir eh nur in der Stadt bleiben. Darauf ein großes Augenmerk zu setzen, ist auch schon besprochen und ebenfalls in der Anfangsphase.
Die Ladesäule realisieren Sie mithilfe von Vattenfall?
Ja genau. Ich bin vor ein paar Jahren bei Vattenfall reingerutscht und habe da einfach sehr viel Glück gehabt. Vor allem mit meinen Betreuerinnen, Frau Hubajn und Frau Partikel, die mich als Geschäftskunden betreuen, sich auch meinen privaten Kram immer anhören. Zum Beispiel habe ich nebenan ein Haus angebaut. Wir sind hier drei Gewerbeeinheiten, aber dann natürlich auch private Mieter, da muss dann also mit den Verträgen und den Stromzählern alles passen. Frau Hubajn und Frau Partikel, die hören sich alles mit einem zwinkernden Auge an und kümmern sich darum. Ich bin so ein Zurufmensch: Bei mir passiert alles noch mit Handschlag, ein Wort zählt und ich äußere Wünsche und sie machen das so, wie ich das gerne hätte. Dafür drücke ich auch nicht die Preise ins Minimalistische. Ich gebe Vertrauen und Fairness und erhalte dasselbe zurück, darauf kann ich mich verlassen, ohne kontrollieren zu müssen.
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Wer in Berlin bei einem Bäcker mit Karte bezahlen will, wird oft noch schief angeguckt – wie sieht es bei Ihnen aus mit der Digitalisierung?
Wir haben bei uns auch tatsächlich EC-Karte und Bargeld. Wir möchten gern Apple Pay und eventuell Kreditkarten vorne im Bereich akzeptieren, aber dafür müssen die Kassen mit den Systemen kompatibel sein und das dauert noch ein bisschen. Kontaktloser Zahlungsverkehr ist aber schon möglich. Das ging in der Pandemie los, wo man einfach kein Geld mehr anfassen wollte und dann auch ein komisches Gefühl hatte, den Schein entgegenzunehmen. Wir waren sowieso sehr schnell in der Coronazeit.
Zum Beispiel haben wir uns einen Online-Shop aufgebaut. Der war schnell aufgesetzt und so gut frequentiert, dass bereits nach sechs Wochen viele Leute bei uns das Frühstück online bestellten. Wir haben Frühstücksboxen zur Abholung angeboten, das wurde auch verknüpft mit einem Lieferservice. Kunden konnten da genau auswählen, was sie haben wollten. Außerdem kann man digital reservieren bei uns oder auch Bestellungen durchgeben, sich selbst einen Tisch aussuchen. Das geht alles.
„Wenn du was machst, mach es ganz.“
Thorsten Käding
Geschäftsführer Café Reinhardt GmbH & Co. KG
Steckbrief Thorsten Käding
Was sind gerade persönlich Ihre größten Herausforderungen?
Eine Herausforderung ist natürlich, dass ich mich gern mal ein bisschen zurücknehmen möchte. Ich war gerade drei Tage im Ausland. Ich hätte noch einen vierten bleiben können, aber dachte, ich fahre mal lieber zurück, und das war gut so. Das liegt natürlich auch an mir: Ich bin der Chef, ich habe zu entscheiden, wie das hier funktioniert, aber es gibt eben auch den Facharbeitermangel. Der hat uns zwar nicht so stark erwischt, aber es ist doch immer besser, wenn die Führungskräfte vor Ort sind, einfach dadurch, dass wir sieben Tage geöffnet haben und 365 Tage dauerhaft Betrieb ist. Stephanie und ich haben das einfach so gelernt, dass man immer da zu sein hat. Da etwas loszulassen, ist eine Herausforderung, die ich gern mal bezwingen würde.
Haben Sie Vorbilder?
Ich habe kein direktes Vorbild, gucke mir aber gerne was ab und versuche, es auf uns umzumünzen.
Was tun Sie zur Entspannung?
In ich bin ein extrem Ballsport-orientierter Mensch. Seit 25 Jahren spiele ich Golf. Und das auch mit Passion und mittelmäßigem Erfolg. In meinem Club bin ich stellvertretender Kapitän, spiele drei- bis viermal die Woche. Dann habe ich in der Pandemie wieder angefangen, Tennis zu spielen. Und jetzt habe ich auch mit dem Kiten begonnen, da bin ich also absoluter Einsteiger, mal sehen, wie lange es mir Spaß macht. Neben dem Golfen betreibe ich Fitness. Ich hatte für eine Weile einen Coach, der mir gezeigt hat, wie ich meinen Rücken so schonen kann, dass ich erst gar nicht zur Physiotherapie muss, sondern Muskeln aufbaue, die mir in dem anstrengenden Beruf nützlich sind, sodass ich mehr Stabilität habe und Osteoporose vorbeuge.
Was bedauern Sie?
Das Einzige, was ich ein bisschen bedauere, ist, dass ich meine Freunde vernachlässige. Auch die echten Freunde verstehen das irgendwann vielleicht nicht mehr, auch wenn man die seit Schulzeiten, seit 20, 30 Jahren hat. Da muss ich auch dran arbeiten.
Wohin führte Sie Ihre letzte Reise?
Ich war in Brüssel, wo ich Freunde habe. Ich bin gerne in Belgien, das ist ein schönes Land, die Nordseeküste ist wunderschön und so ein bisschen Luftveränderung tut immer gut. Man bringt auch immer wieder etwas für die Firma mit. Das fällt einem im ersten Moment selbst gar nicht so auf, aber irgendwann platzt etwas im Kopf. Da hast du dann eben doch mal etwas gesehen oder einen Impuls bekommen oder einfach mal geistig losgelassen im richtigen Moment. Ich finde, Reisen bildet und das ist eine der schönsten Sachen, die man überhaupt machen kann, auch weil man dann umso lieber nach Hause kommt.
Haben Sie einen Rat oder einen Geheimtipp an andere Unternehmer?
Wenn du was machst, mach es ganz. Es ist egal was und es muss auch nicht von der Gesellschaft toleriert sein. Ich war früher der staubige Bäckerjunge in der Schule. Andere hatten Eltern, die in Agenturen waren oder hochrangige Managementjobs hatten. Ich habe mit zwölf, vierzehn, sechzehn Jahren neben der Schule gearbeitet. Das war vielleicht nicht gerade das beste Image. Aber heute sitzen dieselben Leute, mit denen ich zur Schule bin, mit einer gewissen Bewunderung in unserem Café. Und dazu kann ich nur sagen: Das hat nichts mit Intelligenz oder Talent zu tun, sondern einfach damit, dass ich es immer gern gemacht habe.
Was hätten Sie niemals erwartet?
Was ich mir nie gedacht hätte, dass es mal so einen Kommunikator hier gibt, so ein Handy, mit dem man fast überall alles schnell herausfinden und sich darauf verlassen kann, dass es funktioniert. E-Mobilität hätte ich auch niemals erwartet.
Beenden Sie den Satz!
Smart ist …
„... wenn man so rüberkommt, dass alle Menschen einen so akzeptieren, wie man ist.”
Energie ist ...
„... anscheinend ausreichend vorhanden.”
Die Zukunft ist ...
„... ist für mich offen und immer wieder spannend."
T. Käding
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