Glossar Energie

Europäischer Emissionshandel

Der europäische Emissionshandel basiert auf dem europäischen Emissionshandelssystem (European Union Emissions Trading System, kurz EU-ETS) und wurde im Jahr 2005 eingeführt. Es ist ein marktbasiertes Instrument der Umweltpolitik zur nachhaltigen Regulierung von Emissionen von energieintensiven Industrieanlagen und Unternehmen. Eingeschlossen sind auch deren Tätigkeitsbereiche wie die See- und Luftfahrt.

Ziel des Mechanismus ist die Reduzierung von Treibhausgasemissionen, wobei gleichzeitig Anreize für die Reduzierung der Nutzung fossiler Brennstoffe beziehungsweise den Umstieg auf erneuerbare Energien geschaffen werden sollen. Damit ist der Emissionshandel auch ein wichtiges Instrument zum Erreichen der Klimaneutralität und zum Klimaschutz. Das System ist allerdings nicht zu verwechseln mit der freiwilligen CO2-Kompensation.

Der Handel wird über Emissionsrechte beziehungsweise Zertifikate abgewickelt, die von Unternehmen und Anlagenbesitzern innerhalb des Emissionshandelssystems ge- und verkauft werden können. Emissionsrechte werden auch als Verschmutzungsrechte oder Emissionszertifikate bezeichnet.

Teilnehmer und Sektoren

Zu den teilnehmenden Staaten des europäischen Emissionshandels zählen alle 27 Mitgliedsstaaten der EU sowie Norwegen, Island und Liechtenstein. In Folge des Brexits trat Großbritannien aus dem europäischen Emissionshandel aus und verfolgt seither ein eigenes Emissionshandelssystem auf nationaler Ebene, an dem sich auch Nordirland beteiligt. Im europäischen Raum werden etwa 9.000 Anlagen vom EU-ETS erfasst. Diese verursachen bereits deutlich mehr als ein Drittel der Emissionen Europas.

Der europäische Emissionshandel schließt seit 2012 den Luftverkehr innerhalb der EU und seit 2024 auch den Seeverkehr mit ein. Zusätzlich zu den bereits genannten Sektoren ist ein zweites Emissionshandelssystem (EU-ETS 2) in Planung, das voraussichtlich ab 2027 für Brennstoffe gelten wird und sich auf die Sektoren Verkehr und Gebäude beziehen wird.

Wie funktioniert der Emissionshandel?

Grundsätzlich wird die Menge von Treibhausgasemissionen von den jeweiligen Staaten oder Staatengemeinschaften festgelegt. Entsprechend dieser Vorgaben haben Unternehmen die Auflage, die angesetzten Richtwerte nicht zu überschreiten. Das Prinzip wird auch als „Cap & Trade“ bezeichnet. Mit „Cap“ ist die Obergrenze der Emissionen gemeint, die ein Unternehmen beziehungsweise eine Anlage ausstoßen darf.

Emissionsrechte (beispielsweise in Form von Zertifikaten) werden von den jeweiligen Mitgliedsstaaten der EU an die Unternehmen ausgegeben. Die Berechtigungen werden kostenlos zugeteilt oder über Auktionen in festgelegten Handelsperioden gehandelt. Mit dem Erwerb kaufen sich verpflichtete Anlagenbetreiber im übertragenen Sinne das Recht ein, Emissionen zu verursachen. Ein Zertifikat entspricht dabei dem Äquivalent von einer Tonne ausgestoßenem Kohlendioxid. Die Emissionsmenge wird jährlich langsam reduziert, um den sukzessiven Umstieg auf erneuerbare Energieträger zu fördern. Da die Emissionszertifikate gehandelt werden können, wird von „Trade“ (Handel) gesprochen.

Hand hält durchsichtige Kugel

Das System schafft Anreize auf zwei Ebenen: Es belohnt Unternehmen, die weniger Treibhausgase emittieren, als ihnen durch die ausgestellten Zertifikate erlaubt wären, da diese durch den Emissionshandel verkauft beziehungsweise neu generiert werden können. Neu generiert werden können Zertifikate von Unternehmen dadurch, dass sie ihre zuvor behördlich festgelegten Emissionsziele unterbieten. Diese Vorgehensweise wird auch als Crediting-Mechanismus bezeichnet. Werden mehr Emissionen verursacht, müssen zusätzliche Zertifikate am Emissionshandelsmarkt gekauft werden, was sich negativ auf die Bilanzen auswirkt. Das Prinzip von „Cap and Trade“ führt also auch zur Preisbildung im System des Emissionshandels. Darüber hinaus sind Unternehmen des EU-ETS verpflichtet, ihre Emissionswerte jährlich an die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) zu melden.

Zuteilung der Zertifikate

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, wie Unternehmen an Zertifikate für den Emissionshandel kommen können. Entweder werden ihnen regierungsseitig Zertifikate ausgestellt oder sie erwerben diese über Versteigerungen. Bei ersterer Variante werden objektive Kriterien herangezogen, um die Anzahl der zugeteilten Zertifikate zu definieren. Gibt es keine objektiven Kriterien, kommt es zu Auktionen von Zertifikaten. Durch die Einnahmen aus den Auktionen erhalten die Staaten weitere Handlungsspielräume, um auftretende Benachteiligungen verschiedener Akteure im internationalen Wettbewerb auszugleichen.

Handelsplätze

In Deutschland wird der Emissionshandel über die Deutsche Emissionshandelsstelle abgewickelt. Sie ist in das Umweltbundesamt eingegliedert und die Schnittstelle zum EU-Emissionshandel. Die Behörde ist zuständig für die Zuteilung, Ausgabe und Überwachung des Emissionshandels und die zentrale Anlaufstelle für Wirtschaftsunternehmen, die dem EU-ETS unterliegen.

Das nationale Emissionshandelssystem (nEHS) trat in Deutschland 2021 in Kraft. Anders als der europäische Emissionshandel bezieht sich der nationale Emissionshandel auf klimaschädliche Heiz- und Kraftstoffe wie Erdgas, Kohle, Heizöl, Benzin und Diesel. Unternehmen der Energiewirtschaft müssen Zertifikate für jede Tonne CO2 abgeben, die sie durch die Brennstoffe in den Umlauf bringen. Die Bepreisung der Zertifikate für die Emission von Treibhausgasen steigt nach Ablauf einer Festpreisperiode auf 55 € im Jahr 2025. Im weiteren Verlauf soll die Preisbildung durch Auktionen vom Markt reguliert werden.

Durch die steigenden Kosten werden die Preise für Zertifikate am Ende von den Unternehmen an die Verbraucher:innen weitergegeben. Steigende Kosten für entsprechende Endprodukte sollen bei ihnen einen Anreiz für ressourcenschonenderes Verhalten schaffen.

Vorteile des Handels mit Emissionsrechten

Das Emissions-Trading ist ein Mechanismus zur marktgelenkten Reduzierung von Emissionen und damit auch für den Klimaschutz Es ermöglicht es Staaten oder der EU, negative Externalitäten – in diesem Fall Umweltverschmutzungen – zu regulieren und ihn mit Hilfe von Marktpreisen zu steuern. In diesem System können Staaten eine Obergrenze für Emissionen festlegen, deren Überschreitung ist nur unter Strafe möglich. Käufer von zusätzlichen Zertifikaten zahlen also für ihre Mehrverschmutzung, während Verkäufer (nachhaltigere Unternehmen) davon profitieren, Emissionen zu senken.

Fabrikrauch

Durch die auftretende marktübliche Konkurrenz unter den Unternehmen werden Einsparungen kosteneffizient realisiert. In der Handelskette tritt ein weiteres, regulierendes Preissignal auf: Unternehmen, die ineffizient agieren, müssen zur Tilgung ihrer Zertifikatskosten die Kosten für ihre Produkte erhöhen. Die steigenden Preise signalisieren den Konsumentinnen und Konsumenten dann einen sparsameren Umgang mit einem umweltschädlichen Produkt.

Wirkung des EU-Emissionshandels

Seit dem Beginn des Emissionshandels 2005 gibt es laut Angaben des Umweltbundesamtes einen Abwärtstrend bei den emittierten Treibhausgasen. Nach einer Stagnation in der zweiten Handelsperiode (2008–2012) wurde in der dritten Handelsperiode (2013–2020) ein klarer Abwärtstrend deutlich. Statistiken zufolge sind die Emissionen in Deutschland seit 2005 um etwa 31 % gesunken. Im europäischen Durchschnitt schneidet Deutschland damit vergleichsweise etwas schlechter ab, denn hier liegt der Rückgang bei etwa 38 %.

Auffällig ist, dass sich der Rückgang der Emissionen innerhalb der europäischen Handelsperioden verlangsamt hat. Als Gründe dafür gelten vor allem der russische Angriffskrieg in der Ukraine, in dessen Folge die Energiemärkte aus dem Gleichgewicht geraten sind. Der Lieferstopp von russischem Erdgas bewirkte beispielsweise, dass wieder vermehrt Stein- und Braunkohle zur Stromerzeugung genutzt wurde – was wiederum deutlich steigende Treibhausgasemissionen verursachte.

Prognosen des Bundesumweltamtes rechnen in der vierten Handelsperiode (2021–2030) im Rahmen der Reform der Emissionshandelsrichtlinie („Fit for 55“) mit weiteren, deutlichen Rückgängen der Emissionen. Die Reform geht auf angepasste Ziele der europäischen Staaten zurück und sieht ambitioniertere Emissionsziele vor. Das Minderungsziel bis 2030 wurde dabei um fast 20 % gegenüber 2005 erhöht und schließt auch den Luft- und Seeverkehr mit ein. Zusätzlich dazu soll die Anzahl ausgegebener Zertifikate (Cap) zu zwei Zeitpunkten (2024 und 2026) deutlich verringert werden.

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