Infowelt Energie

So regelt der Netzbetreiber den Strom für steuerbare Verbrauchseinrichtungen

Seit Januar 2024 dürfen Netzbetreiber den Strom regeln, wenn eine Überlastung des Stromnetzes droht. Diese Maßnahme gilt nur für alle neu ab 1.1.2024 in Betrieb genommenen steuerbaren Verbrauchseinrichtungen wie Wallboxen, Wärmepumpen und Stromspeicher.

02.04.2024
Lesedauer: 5 Minuten

Das sind steuerbare Verbrauchsein­richtungen

Seit Januar 2024 greift eine neue Regelung für die Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen. Unter diesen Begriff fallen laut Anlage zum Beschluss der Bundesnetzagentur folgende Einrichtungen:

  • Ein Ladepunkt für Elektromobile, der nicht öffentlich zugänglich ist (Wallbox)
  • Eine Wärmepumpenheizung unter Einbeziehung von Zusatz- oder Notheizvorrichtungen (z. B. Heizstäbe). Nachtspeicherheizungen sind hiervon explizit ausgenommen
  • Eine Anlage zur Raumkühlung
  • Eine Anlage zur Speicherung elektrischer Energie (Stromspeicher), die auch mit Strom aus dem Stromnetz geladen wird

mit einer Netzanschlussleistung von mehr als 4,2 Kilowatt (kW) und einem Anschluss in der Niederspannung.

Netzorientierte Steuerung ist seit Januar Pflicht

Die neue Regelung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) befähigt die Bundesnetzagentur Maßnahmen für die Stabilität der Stromnetze festzulegen (§ 14a). Droht der seltene Fall einer Netzüberlastung in einem Netzstrang, darf der Netzbetreiber den Strombezug von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen temporär drosseln. Wer seit Jahresbeginn eine steuerbare Verbrauchseinheit anschließt, muss dafür sorgen, dass sie über eine Schnittstelle ansteuerbar ist.

Ein positiver Effekt für die Haushalte: Dank der neuen Regelungen dürfen Netzbetreiber künftig den Anschluss von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen nicht mehr grundsätzlich mit einem Verweis auf mögliche Netzüberlastungen ablehnen oder verzögern. Das ist auch vor dem Hintergrund des neuen Heizungsgesetzes wichtig, nach dem neu eingebaute Heizungen seit Januar möglichst zu 65 % mit Erneuerbaren Energien betrieben werden sollen. Eine klassische Lösung hierfür ist die Wärmepumpe.

Wallbox neben Wärmepumpe

Gut zu wissen: Der reguläre Haushaltsstrom ist nicht von der Rationierung des Stroms betroffen. Sie findet nur im Ausnahmefall und ausschließlich bei steuerbaren Verbrauchseinrichtungen statt.

So melden Sie eine steuerbare Verbrauchseinheit an

Wer eine steuerbare Verbrauchseinrichtung in Betrieb nehmen möchte, sollte folgende Punkte beachten:

1. Entscheidung der Ansteuerungsart

  • Option A: per Direktsteuerung mit einer Steuerbox vom Netzbetreiber

  • Option B: über ein vom Kunden anzuschaffendes Energiemanagementsystem (EMS). Diese Art der indirekten Steuerung ist besonders sinnvoll, wenn es mehrere steuerbare Verbrauchseinrichtungen im Haushalt gibt. Das EMS erhält über das intelligente Messsystem vom Netzbetreiber einen Wert für den zulässigen Strombezug und koordiniert die Reduzierung des Stromverbrauchs selbstständig. Dabei können selbst erzeugte Energiemengen eingerechnet werden. Eine Wallbox könnte also beispielsweise weiterhin den Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage oder dem eigenen Stromspeicher nutzen.

Gut zu wissen: Sie müssen keinen separaten Stromzähler für die steuerbare Verbrauchseinrichtung einrichten.

2. Meldung beim Netzbetreiber

Informieren Sie den Netzbetreiber vor Inbetriebnahme über die neue steuerbare Verbrauchseinrichtung und Ihre gewünschte Ansteuerungsart. In der Regel kann der installierende Fachbetrieb Sie dabei unterstützen.

Frau am Laptop

3. Beauftragung der Mess- und Steuerungseinrichtung

Als Betreiber:in sind Sie dafür verantwortlich, dass die steuerbare Verbrauchseinrichtung mit den notwendigen technischen Mess- und Steuersystemen ausgestattet wird. Dafür benötigen Sie ein intelligentes Messsystem und eine damit verbundene Steuerungseinrichtung (Steuerbox oder EMS). Dafür kontaktieren Sie im nächsten Schritt den Netzbetreiber oder den Messstellenbetreiber. Bereits die Beauftragung zum Einbau der erforderlichen Mess- und Steuerungssysteme genügt, damit Sie Ihre Pflicht erfüllt haben.

Die Bundesnetzagentur empfiehlt aktuell die Beauftragung des Netzbetreibers, da dieser die Möglichkeit hat, von einem Einbau von Steuerungstechnik vorerst abzusehen, sofern er keinen akuten Steuerungsbedarf zur Kappung von Lastspitzen hat. Dadurch können Sie Kosten sparen. Sollte sich eine Überlastung des Netzes abzeichnen, leitet der Netzbetreiber Ihren Auftrag an den Messstellenbetreiber weiter.

Das geschieht im Fall einer Netzüberlastung

Wenn eine temporäre Überlastung des Netzstrangs droht, an dem Ihre steuerbare Verbrauchseinrichtung angeschlossen ist, darf der Netzbetreiber die Leistung auf 4,2 kW herunterregeln. Das entspricht der Stromstärke des Haushaltsstroms. Mit dieser Leistung können Wärmepumpen im Normalfall problemlos weiterarbeiten und ein Elektroauto kann innerhalb von 4 Stunden mit Strom für 50 Kilometer Reichweite geladen werden (z. B. für den Weg zur Arbeit). Der Haushaltsstrom ist von der Regelung des Stroms nicht betroffen.

Gut zu wissen: Alle Netzbetreiber müssen spätestens ab dem 1. März 2025 auf einer gemeinsamen Internetplattform über Steuerungseingriffe informieren. Gleichzeitig sind sie zu einem zügigen Ausbau der Verteilnetze verpflichtet.

Finanzielle Vorteile für die Haushalte

Als Ausgleich für die netzorientierte Steuerung profitieren die Haushalte von einem reduzierten Netzentgelt. Da es sehr unterschiedliche Anschluss- und Verbrauchssituationen gibt, stehen den Haushalten erst einmal zwei Optionen (Module) zur Auswahl. 2025 folgt dann eine dritte:

Modul 1: Pauschale jährliche Vergütung

Dieses Modul kommt immer dann zum Tragen, wenn die steuerbare Verbrauchseinrichtung und der Haushaltsstrom über einen Zähler abgerechnet werden. Die pauschale Vergütung kann je nach Netzgebiet zwischen 110 und 190 € (brutto) pro Jahr betragen. Zusätzlich kann der Haushalt ab 2025 ein zeitvariables Netzentgelt wählen (Modul 3).

Gut geeignet für: Wallbox-Besitzer:innen, wenn die Wallbox am Haushaltsstromzähler angeschlossen ist.

Modul 2: Prozentuale Reduzierung des Netzentgeltes

Wenn die steuerbare Verbrauchseinrichtung an einem separaten Zählpunkt angeschlossen ist, kann sich der Haushalt auch für ein um 60 % reduziertes Netzentgelt entscheiden. Der Netzbetreiber rechnet mit dem Stromlieferanten das reduzierte Netzentgelt ab und dieser berücksichtigt es auf der Haushaltsrechnung. 

Gut geeignet für: Wärmepumpen-Besitzer:innen, die einen separaten Zähler haben, um Wärmepumpenstrom zu nutzen.

Modul 3: Zeitvariables Netzentgelt

Diese Option soll ab 2025 einen weiteren finanziellen Anreiz für die Haushalte bieten, Lastspitzen im Netz reduzieren. Dafür wird der Netzbetreiber unterschiedliche Preisstufen innerhalb eines Tages festlegen, die die typische Netzauslastung abbilden. Über diese Preisstufen werden Haushalte für zeitliche Verbrauchsverschiebungen mit einem niedrigeren Netzentgelt belohnt. Das Modul kann in Kombination mit Modul 1 zusätzlich von den Kund:innen ausgewählt werden.

Gut geeignet für: Wallboxkund:innen, die Modul 1 nutzen und beim Laden des E-Autos zeitlich besonders flexibel sind.

Rechenbeispiel: Ein Haushalt bezieht 5.000 kWh Strom im Tarif Wärmepumpe Natur 12 von Vattenfall in Hamburg (Preise – Stand Mai 2024 für PLZ 22083)

Normale Abrechnung

Abrechnung im Modul 2

Grundpreis: 9,40 €/Monat = 112,80 €/Jahr

Grundpreis: 9,40 €/Monat = 112,80 €/Jahr

Verbrauchspreis: 22,27 Cent/kWh
5.000 kWh x 22,27 Cent/kWh = 1.113,50 €/Jahr

Verbrauchspreis: 22,27 Cent/kWh – 6,8 Cent/kWh (um 60 % reduziertes Netzentgelt) = 15,47 Cent/kWh
5.000 kWh x 15,47 Cent/kWh = 773,50 €/Jahr

Gesamtkosten/Jahr: 1.226,30 €

Gesamtkosten/Jahr: 886,30 €


Die Ersparnis im Modul 2 beträgt in diesem Beispiel also 340,00 € pro Jahr.

Gut zu wissen: In der Regel ist Abrechnungsmodul 1 automatisch ausgewählt. Wenn ein anderes Abrechnungsmodul gewünscht wird, muss dies dem Netzbetreiber mitgeteilt werden. Alternativ kann der Haushalt den passenden Stromliefervertrag auswählen, der die Modulwahl impliziert (z. B. Heizstrom). Das Vergütungsmodell können Sie jährlich wechseln.

Sobald Sie den Netzbetreiber bzw. den Messstellenbetreiber mit dem Einbau der technischen Einrichtungen beauftragt haben, sind Sie berechtigt, ein reduziertes Netzentgelt zu erhalten.

Regelungen für Bestandsanlagen

Auch vor Inkrafttreten der neuen Vorgaben am 1. Januar 2024 gab es bereits Regelungen für steuerbare Verbrauchseinrichtungen. Der Netzbetreiber konnte das Netzentgelt reduzieren, wenn Sie Ihre steuerbaren Verbrauchseinrichtungen freiwillig steuern ließen. Bei der bisherigen Form der Steuerung wurde die Stromzufuhr nicht nur eingeschränkt, sondern unterbrochen. Hierfür war ein separater Zählpunkt notwendig, der das Signal über eine Zeitschaltuhr oder Rundsteuergeräte empfing (EVU-Sperrzeit). Diese Regel gilt weiterhin für Nachtspeicherheizungen.

Für andere Bestandsanlagen, die nach den bisherigen Regelungen betrieben werden, besteht eine Übergangsfrist. Um von den neuen Netzentgeltreduktionen zu profitieren, können Haushalte mit Bestandsanlagen bis zum 31. Dezember 2028 freiwillig in die neue Regelung wechseln. Diese Entscheidung kann nicht wieder rückgängig gemacht werden. Der Netzbetreiber darf den Wechsel nicht ablehnen, kann aber die bisher angewandte Art der Steuerung bis 31. Dezember 2025 beibehalten.

Vattenfall Fazit

Der Netzbetreiber darf die Leistung von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen – wie z. B. Wallboxen und Wärmepumpen – in Notfällen regeln, wenn diese ab 2024 installiert wurden. Dafür profitieren Sie als Haushaltskund:in von einer schnelleren Inbetriebnahme Ihrer neuen Verbrauchseinrichtung. Zusätzlich erhalten Sie jährlich eine attraktive finanzielle Vergütung für die Steuerbarkeit. Die Anschaffung und Installation einer Wallbox finanziert sich so quasi in wenigen Jahren von selbst.

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