Passivhaus
Ein Passivhaus ist ein Gebäude, das die höchste Stufe der Energieeffizienz durch Wärmedämmung, Lüftungsanlage sowie die Vermeidung von Wärmebrücken erreicht und deshalb keine klassische Heizung benötigt. Der Gebäudestandard ist ein Baukonzept, das viele Vorteile verbindet: die Häuser sind wirtschaftlich, umweltfreundlich und energieeffizient.
Da der überwiegende Teil der benötigten Energie für die Erzeugung von Wärme indirekt oder „passiv“ durch externe Quellen wie die Sonne gewonnen wird, hat sich der Begriff Passivhaus durchgesetzt. Den geringen Energieverbrauch erreichen die Gebäude durch zahlreiche optimierte Parameter wie Dämmung, Wärmerückgewinnung, Wärmeabstrahlung oder Nutzung erneuerbarer Energien (zum Beispiel Sonnenenergie).
Ein erhöhter Bedarf von Heizenergie an kälteren Tagen wird durch eine zusätzliche Heizung gedeckt. Passivhäuser unterscheiden sich von Niedrigenergiehäusern durch ihren Heizwärmebedarf. Dieser liegt bei Niedrigenergiehäusern bei weniger als 50 kWh/qm und Jahr, während Passivhäuser höchstens 15 kWh/qm im Jahr verbrauchen dürfen. Dieser theoretische Wert wird vom Passivhaus-Institut Darmstadt festgelegt. Im Prinzip handelt es sich bei ihnen um die energetische Weiterentwicklung der Niedrigenergiehäuser.
Funktionsweise
Im Wesentlichen nutzen Passivhäuser zwei Strategien: eine möglichst hohe Reduktion der Energieverluste und die passive Nutzung von Wärmequellen.
Wärmeverluste reduzieren
Wärmeeinsparungen werden durch die besondere Wärmedämmung der Wände, des Daches und der Fenster realisiert. So erzielen sie eine größere Wärmerückgewinnung aus der Abstrahlwärme von elektrischen Geräten und Bewohnern und verhindern gleichzeitig das Entweichen von Wärme nach außen im Winter und ein zu starkes Aufheizen im Sommer. Der Wärmeverlust wird darüber hinaus durch eine Lüftungsanlage verringert, die auch für die Frischluftzufuhr verantwortlich ist. Die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung macht einen Großteil der Abwärme nutzbar.
Solarenergie optimal nutzen
Passivhäuser sind darauf ausgelegt, größtmögliche solare Wärmegewinne zu erzielen. Dafür werden häufig große Fenster und Glasdächer verbaut. Für den Primärenergieverbrauch des gesamten Gebäudes gilt ein Maximalwert von 60 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr.
Restenergiebedarf nachhaltig decken
Um den dennoch geringfügig verbleibenden Energiebedarf zu decken, wird oftmals auf regenerative Energien zurückgegriffen. Konkret werden hier häufig elektrische oder thermische Solaranlagen oder Pelletheizungen installiert. Zwar verbrauchen Passivhäuser trotz aller Energieeffizienz zumeist mehr elektrische Energie als Häuser, die auf konventionellem Wege beheizt werden. Bei einem Passivhaus kommt es jedoch kaum noch zu umweltschädlichen Kohlendioxid-Emissionen.
Der Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert) eines Gebäudes nach Passivhaus-Standard darf den Wert von 0,15 Watt je Quadratmeter und Kelvin nicht überschreiten.
Die wichtigsten Bauelemente
Dämmung
Passivhäuser reduzieren den Transmissionswärmeverlust durch Bauteile mit geringem Wärmedurchgangskoeffizienten. Die thermische Hülle der Gebäude variiert je nach Ausführung in ihrer Stärke und kann bis zu 40 cm betragen. Auch die Fenster sind ein wichtiger Bestandteil der Gebäudehülle, die den Heizwärmebedarf erheblich reduzieren können. Deshalb kommen hier in der Regel dreifachverglaste Wärmeschutzfenster zum Einsatz. Diese weisen hohe solare Energiegewinne bei gleichzeitig guten Isolationseigenschaften auf.
Vermeidung von Wärmebrücken
Wärmebrücken entstehen an Stellen, bei denen die Gebäudehülle beispielsweise durch Anschlüsse, Kabelkanäle, Rohre und Ähnliches durchbrochen wird. Hier kann viel Wärme entweichen, was den Heizwärmebedarf erhöht. Um das zu verhindern, müssen Konstruktionen und Materialien verwendet werden, die einen geringen Wärmedurchgangskoeffizienten haben.
Lüftung
In bewohnten Räumen entstehen bei der Nutzung Feuchtigkeit und Kohlendioxid, entweder direkt durch die Bewohner:innen und deren Lebensgewohnheiten (Kochen etc.). Um ein ausgeglichenes Raumklima zu schaffen, muss es einen Luftaustausch geben. Herkömmliches Lüften über das Öffnen der Fenster erweist sich aber vor allem in der kalten Jahreszeit als sehr ineffizient, da es die Räume auskühlt. Spezielle Lüftungsanlagen sorgen für einen kontrollierten Luftaustausch, gewinnen aber zusätzlich die Wärme aus der Abluft zurück. Das macht sie sehr energieeffizient.
Um die Wärmerückgewinnung zu realisieren, verfügt die Lüftungsanlage über einen Wärmetauscher. Durch die effiziente Lüftung kann zwischen 80 und 95 Prozent der Wärme aus der Abluft zurückgewonnen werden. Sie wird anschließend auf die frische Zuluft übertragen.
Heizung
Da der Wärmebedarf in Passivhäusern sehr niedrig ist, verfügen sie meist über kleine Heizsysteme, die wenig Energie verbrauchen. In der Regel reicht die Beheizung der Zuluft, um den ohnehin geringen Wärmebedarf zu decken. Als zusätzliche Heizsysteme werden in kleinen Gebäuden oftmals Gas-Brennwertkessel, Wärmepumpen-Kompaktgeräte oder Pelletöfen integriert.
Pufferspeicher sammeln die Wärme aus den unterschiedlichen Quellen im Haus und leiten sie über Heizkreise in die Räume. Dort werden meist kleine, statische Heizflächen betrieben. Klassische Heizkörper sind deshalb nicht mehr notwendig.
Steuerungstechnik
Über gebäudeeigene Steuerungstechnik lässt sich die Abwärme der verschiedenen Wärmequellen im Haus nutzen. Voraussetzung dafür ist die Integration verschiedener Einzelkomponenten wie Feuchtigkkeitssensoren und Thermometer sowie CO2-Messgeräte in das zentrale Steuerungssystem.
Anforderungen an Energiestandards
Der Passivhaus-Energiestandard legt Richtwerte und Anforderungen an die Gebäude folgendermaßen fest:
- Der Heizenergiebedarf darf maximal 15 kWh pro Quadratmeter und Jahr betragen.
- Der restliche Primärenergieverbrauch für Warmwasser, Lüftung und Strom darf maximal 60 kWh pro Quadratmeter und Jahr betragen.
- Die Luftwechselrate* der Gebäudehülle darf den Wert von n50=0,6/h nicht überschreiten.
- Die Wärmerückgewinnung aus der Abluft muss mindestens 75 Prozent betragen.
*Die Luftwechselrate gibt an, wie oft die Luft in einem geschlossenen Raum ausgetauscht werden muss, um ein gesundes Raumklima zu gewährleisten.
Bau- und Betriebskosten
Für Passivhäuser fallen im Vergleich zu konventionellen Häusern oder Niedrigenergiehäusern höhere Baukosten an. Diese belaufen sich auf etwa 5 bis 15 Prozent im Vergleich zu einem konventionell gebauten Haus nach Gebäudeenergiegesetz (GEG). Zurückzuführen ist das vor allem auf die deutlichen Mehrkosten, die die spezielle Wärmedämmung, Fenster und Lüftungsanlage verursachen. Andererseits entfallen zumeist die Baukosten für einen Schornstein und die Energiekosten sind enorm niedrig. Das führt wiederum dazu, dass die Betriebskosten eines Passivhauses deutlich unter denen eines konventionell beheizten Gebäudes liegen.
Faktoren für Mehrkosten
- Materialkosten für höhere Wärmedämmung
- Lüftungstechnik mit Wärmerückgewinnung
- Fenster mit guten Dämmeigenschaften (Dreifach-Wärmeschutzverglasung)
- Maßnahmen zur Umsetzung einer luftdichte Gebäudehülle
Gründe für Minderkosten
- klassische Heizungen wie Wand- oder Fußbodenheizungen nicht benötigt
- geringere laufende Kosten für Warmwasser und Heizungsanlage
- kein Schornstein und damit keine Kehrkosten
Anforderungen an den Gebäudestandard
Für den Passivhaus-Standard gelten Deutschlandweit Richtwerte, die in etwa äquivalent sind. Auf Basis der Zertifizierungskriterien des Passivhausinstituts Darmstadt darf ein Gebäude nach Passivhaus-Standard einen jährlichen Heizwärmebedarf von insgesamt 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter nicht überschreiten. Darüber hinaus darf der Primärenergiebedarf der Gebäude höchstens 120 Kilowatt pro Stunde und Jahr betragen.
Zur Qualitätssicherung gibt es Zertifizierungen in Anlehnung an die Energiestandards auf gesetzlicher sowie Normen-Basis.
PHPP-Standard nach Passivhaus Institut
Der PHPP-Standard (Passivhaus-Projektierungspaket) legt grundlegende Rahmenbedingungen fest:
-
Energiekennwert Heizwärme max. 15 kWh/(m²·a) oder Heizwärmelast max. 10 W/m²
-
Drucktestluftwechsel n50 max. 0,6 h−1
-
Energiekennwert der gesamten Primärenergie max. 60kWh/(m²·a) inkl. Haushaltsstrom
Passivhaus Energiestandard
In Deutschland gibt es zusätzlich einen genormten Energiestandard für Gebäude. Er gilt als Weiterentwicklung der Standards für Niedrigenergiehäuser. Dessen Einhaltung wird allerdings nicht von einer Prüfstelle überwacht. Um dennoch eine Zertifizierung zu erreichen, können unabhängige Institutionen wie das Passivhaus Institut (PHI) Gebäude auf freiwilliger Basis prüfen und zertifizieren.
Förderungen
In Deutschland können Passivhäuser durch Darlehen bei der KfW gefördert werden. Die Darlehen sind zinsvergünstigt. Je nach Standort sind auch regionale Förderprogramme in den unterschiedlichen Bundesländern möglich.
Vor- und Nachteile
Eine der Besonderheiten und Haupteigenschaften von Passivhäusern gegenüber anderen Gebäuden ist die konstante Innentemperatur, die ein angenehmes Raumklima schafft. Alle Räume, Wände und Böden haben die gleiche Temperatur, sofern sie innerhalb der thermischen Gebäudehülle liegen. Dadurch ist die Schimmelbildung ausgeschlossen. Besonders im Winter ist diese Eigenschaft vorteilhaft. Im Sommer dagegen sorgt ein Erdwärmeüberträger für die Kühlung des Gebäudes. Diese Eigenschaft wird von einigen Menschen bevorzugt, andere hingegen bevorzugen die klassische getrennte Temperierung unterschiedlicher Wohnräume. Ein weiteres Merkmal der Gebäude ist die gute Luftqualität der Raumluft, die durch die Luftfilter gegeben ist. Manuelles Lüften über die Fenster ist möglich, aber nicht zwingend erforderlich.
Vorteile im Überblick
- 75 Prozent geringerer Energieverbrauch im Vergleich zu Neubauten
- hocheffiziente Dämmung und Wärmeversorgung
- staatliche Förderungen für Bau und Sanierung möglich
- Umbau zum Passivhaus ist auch bei Bestandsgebäuden möglich
- Schimmelbildung unmöglich
- geringe Temperaturschwankungen über die Jahreszeiten
- keine Zugerscheinungen durch Lüften über Fenster
- Steigerung der Unabhängigkeit bezüglich fossiler Energieträger
Nachteile im Überblick
- hohe Amortisationszeit beim Bauen ohne finanzielle Förderung
- schlechte Umweltbilanz durch Verwendung bestimmter Materialien und den Energieverbrauch bei deren Herstellung
- Energieverbrauch von Standardhäusern hat sich über die Jahre wesentlich verringert, weshalb auch sie deutlich effizienter wurden
- Baukomponenten von Passivhäusern werden mittlerweile auch im Neubau eingesetzt
- Nutzungsänderungen der Räume erfordern theoretisch eine Neukonfiguration der Lüftungsanlage