Die Zukunft der Mode
Am 26. August ist Frauen-Gleichstellungstag. Aus gegebenem Anlass haben wir uns gefragt, welche Frauen sich derzeit für ein Umdenken einsetzen – hin zu einem nachhaltigen Leben. Bei unserer Recherche sind wir auf Natascha von Hirschhausen gestoßen. Die junge Designerin hat ihr Physikstudium abgebrochen, um sich voll und ganz der Mode zu widmen. Und das mit einem ganz besonderen Konzept: Kleidung, die zu 99 Prozent abfallfrei hergestellt wird. Wir waren zu Besuch in ihrem Berliner Atelier.
Natürlich. Nachhaltig. Transparent.
Ein Blick auf die Homepage von Natascha von Hirschhausen verrät: Ihre Mode ist „zero waste“, „fair“ und „organic“. Na klar! Was hinter diesen Begriffen steckt, erfahren wir im Gespräch. Denn hier geht es mitnichten um leere Worthülsen, sondern um einen nachhaltigen Prozess entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Um Ökologische und soziale Nachhaltigkeit, vom Garn über die Etiketten bis hin zu den Verschlüssen. So finden sich in der Kollektion zum Beispiel keine Reißverschlüsse – denn diese lassen sich noch nicht nachhaltig produzieren.
Siegel und ihre Bedeutung
Natascha achtet darauf, dass all ihre Materialien GOTS- oder iVN-zertifiziert sind. Die Baumwolle ist zusätzlich von Fair for Life zertifiziert. „Das sind die einzigen Siegel, die auf ökologische und soziale Nachhaltigkeit achten“, erklärt sie uns. Vom Anbau, über das Kämmen, Weben und Spinnen bis hin zum Färben. Die eleganten Kleidungsstücke werden vor Ort handgefertigt und bestehen ausschließlich aus Naturfasern.
„Ich wollte wissen, wie weit das Thema Nachhaltigkeit in der Mode gehen kann.“
Natascha von Hirschhausen
Natascha erzählt uns von ihrem eher ungewöhnlichen Weg zur Mode. Sie habe nicht schon als Kind an der Nähmaschine gesessen. Im Gegenteil, nach dem Abi begann sie ein Physikstudium. Recht leidenschaftslos, wie sich schnell zeigte. Der Kauf einer eigenen Nähmaschine gab dann den letzten Anstoß. Danach hat sie sich von der Physik verabschiedet und ihrer neuen Berufung gewidmet: der Mode. Auf den Bachelor folgte ein Master und ein Meisterschüler_innen-Studium an der Kunsthochschule Weißensee. Von Anfang an dabei: das Thema Nachhaltigkeit.
Frauen und Unternehmertum?
Zwar stehen bei großen Modelabels noch immer in der Regel Männer an der Spitze, doch spielt das Geschlecht laut Natascha in ihrer Branche eine untergeordnete Rolle. Das hindert Mitmenschen jedoch nicht daran, abwertende Kommentare zu machen. „Frau und Unternehmerin, das wird nicht ernst genommen, sondern eher als Hobby abgestempelt. Bei Männern sieht das anders aus.“ Von wegen Selbstständigkeit als Hobby! Natascha arbeitet rund um die Uhr, mit ihrem Mann und ein bis zwei Praktikanten an ihrer Seite. Falls dann doch mal ein blöder Kommentar kommt, heißt es: „Einfach konstruktiv dagegen arbeiten“.
„Ich musste mich komplett neu sortieren.“
Ein Austauschprojekt nach Bangladesch im Jahr 2014 brachte den entscheidenden Impuls – genau in dem Land, das schon lange durch Missstände in der Textilproduktion von sich reden macht. Doch Natascha hat bei Weitem nicht nur Negatives erlebt. Mit leuchtenden Augen berichtet sie zum Beispiel von Lungis, den Wickelröcken für Männer, und vom gesamten trubeligen Marktgeschehen. Am Schluss steht für sie eines fest: die Erkenntnis, dass es an nachhaltigen Alternativen in der Mode mangelt. Es galt, ein Rundumpaket zu schnüren, das auf Zero Waste basiert. Der erste Schritt zum eigenen Label.
„Ich habe keine unterschiedlichen Kollektionen.
Das ist mir wichtig, wenn wir über Nachhaltigkeit sprechen.“
2016, noch während des Studiums, stand der Gründung nichts mehr im Wege. Seitdem geht es stetig Richtung Wachstum. Bei Natascha gibt es zwar keine unterschiedlichen Kollektionen, doch zu tun ist mehr als genug. Momentan arbeitet sie an einer schmal geschnittenen Hose. Eine Herausforderung für die Zero-Waste-Virtuosin. Das Ergebnis können Sie schon bald bestaunen.
„Das Design macht etwa zwei bis drei Prozent aus.“
Was Natascha beim Gründen gelernt hat? Häufig passiert es, dass all die Arbeit in das Produkt fließt. Soll der Verkauf starten, folgt der Realitätscheck: Interessenten kommen nicht von allein, sondern müssen aktiv geworben werden. Als selbstständige Designerin macht das Entwerfen von Kleidung nur einen Bruchteil ihrer Aufgaben aus. „Wenn ich sonntagabends mal Zeit habe, gönne ich es mir, ein Stück zu designen“, erzählt Natascha. Die meiste Arbeit fließt in die Organisation, Produktion und das Marketing.
Netzwerk für Nachhaltigkeit
Um nachhaltiger Mode eine größere Plattform zu bieten, hat Natascha das Netzwerk AETHIC gegründet. Ursprünglich ein Online-Magazin, um Konsumenten zu informieren, haben sich mittlerweile acht Label zusammengeschlossen. Mit dem Ziel, sich gegenseitig zu unterstützen und die Modewelt ein bisschen besser zu machen.
Nataschas Schnitte sind zeitlos, hochwertig und stehen für Nachhaltigkeit auf allen Ebenen. Eine weitere Besonderheit: Ein Großteil der Kollektion ist „size fluent“. Das heißt, die lockeren Kleidungsstücke passen allen Größen und wachsen sogar bei der Schwangerschaft mit.
Nataschas Mode finden Sie online sowie in ausgewählten Concept Stores.