Kochen mit dem Mikroskop

Haben Sie sich schon mal vorgestellt, tief in die stofflichen Prozesse Ihrer Nahrung einzutauchen, um ein besseres Verständnis für ihre Zubereitung aufzubringen? Dann ist die Molekularküche genau das richtige für Sie. In diesem Artikel lesen Sie, welche Techniken es gibt und warum sie Ihnen helfen, neue vegane Essensalternativen zu kreieren.

Tief im Stoff

Kochen hat nicht nur etwas mit dem Mischen von Zutaten zu tun. Es finden dabei viele Vorgänge statt, die sich mit Kenntnissen in Chemie oder Physik verstehen lassen. Die Molekularküche hat so Kochtechniken entwickelt, die die stoffliche Konsistenz von Lebensmitteln verändern. Mit Techniken der Gelifikation, der Bildung von Sphären, Emulsion und dem Schäumen heben Sie Ihre Kochkünste auf ein ganz neues Level und entdecken neue nachhaltige oder sogar vegane Alternativen.

Gelifikation

Das geläufigste Beispiel für Gelifikation ist der klassische Wackelpudding. Mit einem Geliermittel wird eine geschmackvolle Flüssigkeit in eine feste Form gebracht. Während in der herkömmlichen Küche dafür oft aus Tierprodukten gewonnene Gelatine verwendet wird, setzt die Molekularküche eher auf pflanzliche Bindemittel aus Algen wie Algin oder Agar Agar, die in der zu gelierenden Flüssigkeit kurz aufgekocht werden müssen, damit sie ihre Form erhalten.

Sphären

Die Sphärisierung ist eine Technik bei der Flüssigkeit so geliert, dass eine membranartige Außenhülle entsteht, die einen flüssigen Kern umschließt – eine sogenannte Sphäre. Auf diese Weise lässt sich zum Beispiel veganer Kaviar herstellen. Dazu wird die gewünschte Flüssigkeit mit Natriumalginat vermischt. Je nach gewünschter Größe der Sphäre geben Sie die Flüssigkeit tröpfchenweise mit einer Spritze oder einem Portionslöffel in ein Bad aus stillem Wasser und Calciumchlorid. In dem Bad fangen sie an zu gelieren.

Emulsionen

Eine Emulsion ist die Verbindung zweier Stoffe, die sich unter normalen Umständen nicht verbinden würden. Der Klassiker ist die Mayonnaise, bei der sich ein Ei mit Öl verbindet. Die Molekularküche ist durch das chemische Stoffverständnis in der Lage, diese Verbindung und auch mit anderen Lebensmitteln zu erzeugen. Bei der Mayonnaise ist es der Stoff Lecithine, der im Eidotter vorkommt. Lecithine lässt sich aber auch aus Soja gewinnen und so ist auch vegane Mayo einfach hergestellt.

Schäumen

Ein essbarer Schaum entsteht durch den Einschluss von Luftbläschen in einem flüssigen bis festen Lebensmittel. Genau: geschlagene Sahne oder Eiweiß sind die bekanntesten Vertreter und gehören insofern auch zur Molekularküche. Berühmt ist die Molekularküche aber für Espumas (spanisch für Schaum), die aus Pürees, Säften oder Kaffee hergestellt werden. Espumas lassen sich aus nahezu jeder Flüssigkeit zaubern – sogar Suppen und Soßen.

Auf Nachhaltigkeit achten

Wenn Sie auf eine konsequente Resteverwertung achten, damit keine Lebensmittel unnötig verschwendet werden, dann kochen Sie auch mit der Molekularküche nachhaltig. Denn dank der neuen Techniken verfügen Sie über ein erweitertes Repertoire, um Ihre Reste zu kreativen Gerichten zu verarbeiten. Mit der Verwendung von regionalen und saisonalen Zutaten reduzieren Sie außerdem zusätzlich Ihren CO₂-Fußabdruck.

Aufschrift: We need a change

Gamechanger bei veganer Ernährung

Durch das chemische und physikalische Verständnis beim Kochen hat die Molekularküche auch ganz neue Möglichkeiten gefunden, die Konsistenz und mitunter auch den Geschmack von tierischen Produkten mit veganen Alternativen nachzuahmen. Zum Beispiel ist es der Molekularküche gelungen, die Konsistenz von Kaviar durch die Bildung von Sphären zu imitieren. So kommen auch vegan lebende Menschen in den Genuss der kleinen Kügelchen.

Melonenkaviar

Haben Sie schon veganen Kavier probiert, der gänzlich aus vitaminreichem Melonensaft erzeugt wird? Mit Sphärisierung zaubern Sie gelifizierte Saftkügelchen, die ein ähnliches Mundgefühl erzeugen wie beim Genuss von echtem Kaviar. Die kleinen kaviargroßen Perlen platzen auf dem Gaumen und geben die darin enthaltene Flüssigkeit frei. Die nötigen Zutaten für die Sphärenbildung erhalten Sie zum Beispiel hier.

Zutaten

500 g Melone
2 g Natriumalginat
500 ml Wasser
6,5 g Calciumchlorid

Alginat erhalten Sie in großen Supermärkten oder Reformhäusern bei den Backwaren. Calciumchlorid können Sie in Apotheken erwerben.

Rezept

Das Fruchtfleisch der Melone von Schale und Kernen befreien, pürieren und den Saft durch ein Passiertuch abtropfen lassen. 250 g vom Saft abmessen, circa 85 g davon mit dem Natriumalginat mixen und wieder zu dem Rest dazugeben. Den Saft durch ein Sieb passieren und 30 Minuten stehen lassen. Das Calciumchlorid in Wasser auflösen und mit einer Spritze den Melonensaft in die Lösung tropfen, 1 Minute ziehen lassen, dann heraussieben und mit kaltem Wasser abspülen.

Video zur Molekularküche

Die Molekularküche ist ein moderner Zweig der Haut Cuisine. Ob Rote Bete Kaviar, Himbeerspaghetti oder Salz-Luft, die Gerichte sind etwas Besonderes. Dass die Rezepte nicht nur was für die Sterneküche sind, beweist der Koch Björn von Bosse. Zusammen mit Jenny braut er ein spannendes molekulares Gericht. Außerdem testen wir, ob Strom auch einen Platz auf der Speisekarte verdient hätte. Was dabei herauskommt, sehen Sie im Video!

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